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Bundeseinheitlicher Medikationsplan kommt

Bessere Übersicht bei der Multimedikation von Krebspatienten

Die Liste der Arzneimittel von Krebspatienten ist lang: Neben Arzneimitteln für die onkologische Therapie finden sich Medikamente zur Linderung von Nebenwirkungen und zur Behandlung nicht-onkologischer Begleiterkrankungen. Dazu kommt der regelmäßige Gang in die Apotheke, um alltägliche Beschwerden in den Griff zu bekommen oder seine Krebstherapie mit komplementären Präparaten zu ergänzen. Im Rahmen des Aktionsplans zur Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit wurde ein bundeseinheitlicher Medikationsplan erarbeitet, der Anfang Oktober eingeführt wird. Er soll für einen besseren Überblick über die laufende Medikation sorgen und die Arzneimitteltherapiesicherheit von Patienten erhöhen. Was der Medikationsplan beinhaltet und wo weiterführende Informationen zu finden sind, hat krebsinformationsdienst.med für Sie zusammengestellt.

Multimedikation bei Krebspatienten: Ein nicht zu unterschätzendes Problem

Mulitmedikation bei Krebspatienten © grafikplusfoto/Fotolia
Mulitmedikation bei Krebspatienten: Ein nicht zu unterschätzendes Problem © grafikplusfoto/Fotolia

Multimedikation ist bei Krebspatienten ein häufiges Thema - insbesondere bei älteren Patienten. Eine US-amerikanische Studie aus dem Jahr 2015 hat ergeben, dass onkologische Patienten mit einem Altersdurchschnitt von 80 Jahren im Mittel knapp 10 Medikamente einnehmen. Eine Ursache dafür ist die mit dem Alter steigende Zahl der Begleiterkrankungen, die Multimorbidität. Auch Krebspatienten im terminalen Stadium oder mit eingeschränktem Allgemeinzustand erhalten viele Medikamente, da insbesondere bei diesen Patienten die Zahl der Supportivtherapeutika steigt.

Nicht zu vernachlässigen ist auch die Selbstmedikation vieler Krebspatienten. Der Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums hat 2013 erhoben, dass etwa die Hälfte der befragten Krebspatienten Mittel verwendeten, die nicht von ihrem Arzt verordnet oder empfohlen worden waren. An der Spitze der insgesamt 620 genannten Produkte standen Vitamine, Mineralstoffe und andere Nahrungsergänzungsmittel. Es folgten zugelassene Phytotherapeutika und homöopathische Mittel, weitere nicht verschreibungspflichtige, sogenannte OTC-Arzneimittel (englisch: Over-the-counter) sowie Tees, Säfte, Diät- und Enzymprodukte.

Multimedikation: Risiken

Multimedikation und Polypharmazie

Werden verschiedene Arzneimittel gleichzeitig angewendet, spricht man von "Multimedikation". Ein synonymer Fachbegriff dafür ist "Polypharmazie". Ab wie vielen Medikamenten man von Multimedikation oder Polypharmazie spricht, ist nicht einheitlich definiert. Das Spektrum reicht von mehreren (> 1) Medikamenten innerhalb einer Zeitspanne, bis hin zu einer bestimmten Anzahl verschiedener gleichzeitig verordneter Arzneimittel (z. B. > 5 oder 10).

Multimedikation kann zu verschiedenen Problemen in der Arzneimitteltherapie von Krebspatienten führen. Ganz allgemein steigt durch jedes zusätzliche Medikament das Risiko für unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW), Medikationsfehler und Arzneimittelinteraktionen. Darüber hinaus sinkt die Therapietreue (Compliance, Adhärenz) mit der Anzahl der Medikamente und der Komplexität der Einnahmevorschriften.

Eine aktuelle Übersichtsarbeit eines US-amerikanischen Autorenteams weist außerdem darauf hin, dass Polypharmazie oftmals mit einem ungünstigen Therapieergebnis von Krebspatienten verbunden ist: So scheint beispielsweise das Ausmaß der Multimedikation mit postoperativen Komplikationen oder der Länge des Krankenhausaufenthaltes zusammenzuhängen.

Laut der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) ist bei der Einnahme von mehr als fünf Wirkstoffen nicht mehr vorhersehbar, wie diese im Organismus wirken, sich gegenseitig beeinflussen oder auch unerwünschte Nebeneffekte auslösen. Umso wichtiger ist es, hier nicht den Überblick zu verlieren und die Zahl der verordneten und vom Patienten selbst besorgten Arzneimittel im Blick zu behalten.

Bundeseinheitlicher Medikationsplan: Soll für mehr Durchblick sorgen

Das "Gesetz für sichere digitale Kommunikation und Anwendungen im Gesundheitswesen" (E‐Health‐Gesetz) beinhaltet unter anderem die Realisierung eines bundeseinheitlichen Medikationsplans. Ziel des Ganzen: Indem alle Medikationsdaten eines Patienten zusammengeführt werden, sollen Wechselwirkungen so weit wie möglich vermieden und so die Arzneimitteltherapiesicherheit erhöht werden. Der bundeseinheitliche Medikationsplan ist das wichtigste Ergebnis des Aktionsplans des Bundesministeriums für Gesundheit zur Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) in Deutschland.

Laut Sozialgesetzbuch V (SGB V) haben Versicherte, die gleichzeitig mindestens drei verordnete Arzneimittel anwenden, ab dem 1. Oktober 2016 Anspruch auf einen Medikationsplan. Diesen erstellt ein an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmender Arzt in Papierform. In dem Medikationsplan soll mit Hinweisen zur Anwendung folgendes dokumentiert werden:

  • Arzneimittel, die dem Patienten verordnet worden sind.
  • Arzneimittel, die der Patient ohne Verschreibung anwendet.
  • Medizinprodukte, die für die Arzneimitteltherapie relevant sind (etwa Applikationshilfen).

Das Sozialgesetzbuch schreibt darüberhinaus vor, dass der verschreibende Arzt diesen Medikationsplan aktualisieren muss, sobald er die Medikation des Patienten ändert. Auch Apotheken müssen - auf Wunsch des Patienten - den Medikationsplan bei Abgabe eines Arzneimittels entsprechend aktualisieren.
In einem nächsten Schritt sollen die Versicherten künftig Anspruch haben, die Daten des Medikationsplans über die elektronische Gesundheitskarte zu speichern.





Herausgeber: Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ) │ Autoren/Autorinnen: Fachkreise-Redaktion des Krebsinformationsdienstes. Lesen Sie mehr über die Verantwortlichkeiten in der Redaktion.

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