Heutzutage wächst das Fachwissen – auch im Bereich der Krebsmedizin – rasant. Wie können es Ärzte bei dieser Entwicklung schaffen, stets auf dem aktuellen Wissensstand zu bleiben? Die Berichterstattung über Krebs in Print- und Online-Medien verspricht einen schnellen Überblick: Allgemeine Medien und fachspezifische Wissensportale greifen neue Forschungsergebnisse zu Krebs auf, fassen sie zusammen und berichten darüber. Nicht immer sind die Nachrichten jedoch ausgewogen, inhaltlich korrekt und neutral. Zu diesem ernüchternden Ergebnis kommt eine Untersuchung, die die mediale Berichterstattung zur ProtecT-Studie ausgewertet hat.
Literaturtipp
Media reporting of ProtecT: a disconnect in information dissemination?
Westerman ME, Bhindi B, Choo R, Gettman MT, Karnes RJ, Klotz L, Boorjian SA. Prostate Cancer Prostatic Diseases 2017 May 2. doi: 10.1038/pcan.2017.27.
Die ProtecT-Studie ist eine große Studie zur Wirksamkeit der Therapie bei lokal begrenztem Prostatakrebs. Verglichen wurden die drei Behandlungsverfahren Operation, Strahlentherapie und Aktive Überwachung (Active Surveillance).
Zielkriterien der Studie waren Mortalität und Metastasierungsrate nach 10 Jahren.
Die britische Studie mit 82.000 Teilnehmern wurde 2016 im New England Journal of Medicine publiziert: www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa1606220
Zusammenfassung
Westermann und Kollegen analysierten die Medienberichterstattung zur ProtecT-Studie innerhalb eines Monats nach Publikation der Studienergebnisse: Insgesamt sind 33 passende Medien-Nachrichten in die Untersuchung eingeflossen. Knapp über die Hälfte waren Online-Medien, die restlichen Artikel stammten aus dem Printbereich.
Die Autoren identifizierten insgesamt acht Schlüsselinhalte der ProtecT-Studie: Dazu gehörten unter anderem konkrete Angaben zur Studienpopulation, zum Krankheitsverlauf von Patienten unter Active Surveillance und zur begrenzten Nachbeobachtungszeit. Die Auswertung ergab, dass die Nachrichten über die Krebsstudie unvollständig waren. Sie enthielten durchschnittlich nur die Hälfte der wesentlichen Inhaltspunkte: Vier von acht Punkten fehlten.
Im Originalartikel finden sich darüber hinaus weitere interessante Details zur Auswertung, wie beispielsweise Verzerrungen (Bias) in der Berichterstattung.
Fazit für Ärzte
- Nicht immer können sich Ärzte auf eine fachlich korrekte Berichterstattung durch die Medien verlassen.
- Im Zeitalter von Fake-News und vermehrter Nutzung digitaler Medien ist es für Fachleute wichtig, Nachrichten zu Wissensthemen in Medien kritisch zu prüfen und auf die richtige Darstellung der Fakten zu achten – sowohl im Hinblick auf das eigene Fachwissen zu Krebs als auch, um Krebspatienten kompetent zu beraten.
- Es lohnt sich also, einen Blick in die Originalliteratur zu werfen.
Zum Weiterlesen: Verwendete Quellen und vertiefende Informationen
Westerman ME, Bhindi B, Choo R, Gettman MT, Karnes RJ, Klotz L, Boorjian SA. Media reporting of ProtecT: a disconnect in information dissemination? Prostate Cancer Prostatic Dis. 2017 May 2. doi: 10.1038/pcan.2017.27. Onlinevorabveröffentlichung
Hamdy FC, Donovan JL, Lane JA, Mason M, Metcalfe C, Holding P, Davis M, Peters TJ, Turner EL, Martin RM, Oxley J, Robinson M, Staffurth J, Walsh E, Bollina P, Catto J, Doble A, Doherty A, Gillatt D, Kockelbergh R, Kynaston H, Paul A, Powell
P, Prescott S, Rosario DJ, Rowe E, Neal DE; ProtecT Study Group. 10-Year Outcomes after Monitoring, Surgery, or Radiotherapy for Localized Prostate Cancer. N Engl J Med. 2016 Oct 13;375(15):1415-1424. doi: 10.1056/NEJMoa1606220.
Wie man nach medizinischer Fachliteratur sucht, erläutert der Krebsinformationsdienst in seinem Informationsblatt "Medizinische Fachliteratur: Artikel in Literaturdatenbanken suchen und finden" (PDF)
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