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Checkpoint-Inhibitoren: Atezolizumab ergänzt die zugelassenen Immuntherapien bei Krebs

PD-L1-Hemmung bei metastasiertem oder fortgeschrittenem Urothel- und Lungenkrebs

Ende September 2017 wurde der PD-L1-Inhibitor Atezolizumab (Tecentriq®) zugelassen. Damit erweitert sich das Spektrum der Immuntherapien bei Krebs um eine weitere Substanz. Der neue PD-L1-Hemmer kann nun als Monotherapie bei Patienten mit fortgeschrittenem oder metastasiertem Urothelkarzinom und nicht-kleinzelligem Lungenkrebs angewendet werden. krebsinformationsdienst.med gibt Ihnen aus diesem Anlass noch einmal einen Überblick über alle bislang zugelassenen Checkpoint-Hemmer. Neben den Wirkmechanismen der einzelnen Arzneimittel erfahren Sie außerdem, mit welchen weiteren Entwicklungen zu rechnen ist.

Wie unterscheidet sich die Hemmung von CTLA4, PD-1 und PD-L1?

Antikörper zur Immuntherapie, © Ingram Publishing/Getty Images
© Ingram Publishing/Getty Images

Ein Großteil der Antikörper, die zu den Checkpoint-Hemmern gehören, greifen Krebszellen nicht direkt an. Stattdessen entfalten sie ihre Wirkung über die Steuerung der Immunantwort gegen Tumoren. Sie zielen auf die sogenannten Immun-Checkpoints, wichtige Schaltstellen des Immunsystems: Nach Bindung ihrer jeweiligen physiologischen Liganden wie PD-L1 sorgen Immun-Checkpoint-Rezeptoren wie z.B. CTLA4 oder PD-1 auf der Oberfläche von T-Zellen dafür, dass laufende Immunreaktionen wieder beendet werden.
Diese Kontrollmechanismen verhindern im gesunden Körper eine Autoimmunreaktion, bei der sich T-Lymphozyten langfristig gegen das körpereigene Gewebe richten. Diese "Bremse" der Immunreaktion kommt auch manchen Tumoren zugute. Einige Tumorzellen können z.B. durch vermehrte Bildung von PD-L1 Immun-Checkpoints anschalten und damit die gegen sie gerichteten T-Zellen unschädlich machen.

  • CTLA4 ist ein wichtiger Rezeptor im Immunsystem auf der Oberfläche von T-Zellen. Es handelt sich um ein Protein, genauer gesagt das "cytotoxic T-lymphocyte-associated protein 4". Medikamente, die eine tumorbedingte Bremse über diesen Checkpoint aufheben, werden CTLA4-Hemmer genannt.
  • Eine weitere Medikamentengruppe richtet sich gegen den Immun-Checkpoint PD-1. Der Name steht für programmierter (Zell)Tod und stammt aus vom englischen "programmed death 1". Auch hier handelt es sich um Proteine auf der Oberfläche von T-Zellen. PD-1-Inhibitoren haben inzwischen bei der Krebstherapie einen festen Stellenwert.
  • PD-L1-Hemmer wirken – im Gegensatz zu den anderen Checkpoint-Inhibitoren – direkt an den Oberflächen von Krebszellen. Bei PD-L1 handelt es sich um den Liganden von PD-1, auf Englisch auch "programmed cell death 1 ligand" genannt. Es ist ein Protein, welches von Tumorzellen und bestimmten Makrophagen produziert wird und normalerweise an den Immun-Checkpoint PD1 bindet. Dadurch wird der Immun-Checkpoint aktiv. PD-L1-Inhibitoren verhindern diese Reaktion, sodass tumorbekämpfende T-Zellen aktiv bleiben.

Welche Checkpoint-Hemmer sind bei welcher Krebserkrankung zugelassen?

Checkpoint-Inhibitoren werden bei fortgeschrittenen oder metastasierten Krebserkrankungen eingesetzt. In der Regel sind sie auch nur für Patienten in fortgeschrittenen Krankheitsstadien zugelassen. Je nach Krebsentität gibt es unterschiedliche Empfehlungen, ob der jeweilige Wirkstoff bereits in der Erstlinien- und / oder erst in der Zweit- bzw. Drittlinientherapie eingesetzt werden kann. Detaillierte Informationen können interessierte Fachleute bei Bedarf per Telefon oder E-Mail vom krebsinformationsdienst.med erhalten.

Checkpoint-Hemmer gegen CTLA4:

  • Ipilimumab (Yervoy®) wird zur Behandlung von Patienten mit malignem Melanom eingesetzt.

Checkpoint-Hemmer gegen PD1:

  • Nivolumab (Opdivo®) ist inzwischen für einige Indikationen zugelassen: etwa bei malignem Melanom, bei nicht-kleinzelligem Bronchialkarzinom, bei Nierenzellkarzinom, bei klassischem Hodgkin-Lymphom, bei Plattenepithelkarzinomen des Kopf-Hals-Bereichs sowie bei fortgeschrittenem Urothelkarzinom.
  • Pembrolizumab (Keytruda®) ist einsetzbar zur Behandlung des malignen Melanoms, des nicht-kleinzelligen Lungenkrebses, des klassischen Hodgkin-Lymphoms und des Urothelkarzinoms.

Checkpoint-Hemmer gegen PD-L1:

  • Avelumab (Bavencio®) ist bislang nur als Therapie beim Merkelzellkarzinom zugelassen.
  • Atezolizumab (Tecentriq®) ist das neuste Arzneimittel. Es ist für Patienten mit Harnblasenkrebs und anderen Urothelkarzinomen zugelassen und für Patienten mit nicht-kleinzelligem Lungenkrebs. Bei Bronchialkarzinomen müssen Patienten mit EGFR- oder ALK-Treibermutation vorab eine entsprechende Therapie erhalten haben, die übrigen Patienten eine Chemotherapie.

Welche weiteren Substanzen der Immuntherapie sind aussichtsreich?

Die folgende Liste ist eine Auswahl. Sie hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit und wurde entsprechend der besten Evidenzlage zu den genannten Substanzen erstellt:

  • Durvalumab, auch MEDI 4736 genannt: Bei Durvalumab handelt es sich um einen PD-L1-Inhibitor, der inzwischen in klinischen Phase-III-Studien bei Kopf-Hals-Tumoren, Lungenkrebs, Blasenkrebs und bei vielen weiteren Krebsarten untersucht wird. Die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA hat Durvalumab einen „breakthrough therapy" Status verliehen.
  • Termelimumab: Es handelt sich um einen CTLA4-Hemmer. Als Einzelsubstanz waren die Studienergebnisse – etwa beim malignen Melanom oder Pleuramesotheliom – nicht überzeugend. Die Substanz wird derzeit in Studien oft in Kombination mit Durvalumab untersucht.
  • Pidilizumab, auch CT-011 genannt: Pidilizumab ist ein PD-1-Inhibitor, der derzeit bei Patienten mit Lymphom und Bauchspeicheldrüsenkrebs untersucht wird.
  • Darüber hinaus gibt es Checkpoint-Hemmer, die gegen weitere Zielstrukturen gerichtet sind. Beispielsweise genannt werden kann hier etwa Lirilumab gegen die Immunglobulin-artigen Rezeptoren von Natürlichen Killerzellen, BMS-986016 welches gegen den LAG3-Rezeptor gerichtet ist und Urelumab, das sich gegen den CD137-Rezeptor auf B- und T-Lymphozyten richtet.




Herausgeber: Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ) │ Autoren/Autorinnen: Fachkreise-Redaktion des Krebsinformationsdienstes. Lesen Sie mehr über die Verantwortlichkeiten in der Redaktion.

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