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Herpes zoster-Impfung bei Krebspatienten

Praktische Aspekte bei der Anwendung

Seit Mitte 2018 ist der Totimpfstoff Shingrix® gegen das Varizella-Zoster-Virus (VZV) zugelassen. Die Impfung soll eine endogene Reaktivierung des Virus und die Entwicklung einer Gürtelrose wirksam und dauerhaft verhindern. Gerade ältere Patienten mit einer Abwehrschwäche können profitieren: Bei ihnen ist das Risiko für einen Herpes zoster erhöht.

Die Herpes zoster-Erkrankung

Herpes zoster-Erkrankung in Deutschland

Über 300.000 Personen erkranken pro Jahr an Herpes zoster.
Von 1.000 Personen erkranken
ab 50 Jahren: 6 Personen
ab 70 Jahren: 9 Personen
ab 90 Jahren: 13 Personen
Bei 5 Prozent aller Patienten mit Herpes zoster tritt eine Post-Zoster-Neuralgie auf.

Varizella-Zoster-Viren bleiben nach einer Windpocken-Erkrankung oder einer Windpocken-Lebendimpfung lebenslang in Nervenzellen. Werden sie reaktiviert, entsteht ein Herpes zoster (Gürtelrose).

Wie häufig ist der Herpes zoster?

In Deutschland erkrankt etwa jeder Dritte im Laufe seines Lebens an einem Herpes zoster. Mit dem Alter nimmt die Wahrscheinlichkeit zu erkranken zu. Eine Immunschwäche erhöht das Risiko ebenfalls. Meist tritt ein Herpes zoster nur einmal auf. Vereinzelt können Menschen jedoch auch mehrfach erkranken.

Warum kommt es zu einem Herpes zoster?

Die in den Nervenzellen vorhandenen Viren werden durch das körpereigene Abwehrsystem in Schach gehalten. Durch Kontakte mit an Windpocken erkrankten Personen kommt es vermutlich immer wieder zu einer natürlichen Boosterung des Immunsystems gegen das Varizella-Zoster-Virus. "Schwächelt" das Immunsystem und werden die Viren erneut aktiv, können sie einen Herpes zoster auslösen.

Welche Beschwerden treten bei Herpes zoster auf?

Typisch für die Gürtelrose ist ein brennender Schmerz, gefolgt von einer meist einseitigen, bandartigen Ausbreitung von Bläschen im Hautbereich des befallenen Nerven. Betroffen sind häufig der Rumpf und Brustkorb, aber auch der Kopf. Sehr selten kommt ein Zoster auch ohne Hautausschlag vor (Zoster sine herpete). Ist der Ausschlag abgeheilt, kann ein Nervenschmerz in der betroffenen Hautregion über Monate bis Jahre anhalten. Diese postherpetische Neuralgie, auch Post-Zoster-Neuralgie genannt, kann für die Betroffenen sehr belastend sein.

Fakten zur neuen Herpes zoster-Impfung

Impfpass, © Krebsinformationsdienst, Deutsches Krebsforschungszentrum

Der Totimpfstoff Shingrix® ist seit 2018 in Europa gegen Herpes zoster zugelassen und wird von der Ständigen Impfkommission (STIKO) generell für ältere Personen empfohlen. Werden Varizella-Zoster-Viren bei Geimpften reaktiviert, kann der Körper rasch und effektiv Antikörper bilden. Ein Herpes zoster tritt dann seltener auf oder verläuft milder.

Der Impfstoff

Shingrix® ist ein Totimpfstoff mit Wirkverstärker. Er enthält ein Varizella-Zoster-Virus-Antigen und zwei Adjuvantien, um das Immunsystem anzuregen. Es werden zwei Impfdosen im Abstand von mindestens 2 bis maximal 6 Monaten verabreicht. Der Impfstoff wird intramuskulär gespritzt.

Die Zulassung

Die STIKO-Empfehlung gilt generell für alle Personen über 60 Jahre sowie für Personen über 50 Jahre, die ein erhöhtes Risiko für einen Herpes zoster haben. Neben Personen mit einer schweren Grunderkrankung sind dies auch Personen mit einer angeborenen oder erworbenen Immunschwäche. Dazu gehören auch Krebspatienten.

Die Kostenerstattung

Bis die Kostenübernahme der gesetzlichen Krankenkassen durch den gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) verbindlich geregelt ist, sollten sich Ärzte oder Patienten bei der Krankenkasse erkundigen, ob die Kosten für die beiden Impfungen übernommen werden.

Die Wirksamkeit

Studiendaten konkret – ZOE-50- und ZOE-70-Studie

Von 8.250 Menschen ab 70 Jahren, die den Totimpfstoff erhielten, erkrankten innerhalb von 4 Jahren 25 Personen an einer Gürtelrose. Bei 4 entwickelte sich eine Post-Zoster-Neuralgie.

Von 8.346 Menschen ab 70 Jahren, die Placebo erhielten, erkrankten im selben Zeitraum 284 Personen an einer Gürtelrose. Bei 36 entwickelte sich eine Post-Zoster-Neuralgie.

Das bedeutet: Mit Impfung erkrankten weniger als 1 von 1.000 Personen pro Jahr an einem Herpes zoster. Ohne Impfung erkrankten 9 von 1.000 Personen pro Jahr.

In zwei großen klinischen Studien mit über 30.000 gesunden Erwachsenen ab 50 beziehungsweise 70 Jahren wurde der Totimpfstoff im Vergleich zu Placebo untersucht. In mindestens 90 von 100 Fällen konnte die Impfung eine Erkrankung verhindern. Auch das Risiko einer Post-Zoster-Neuralgie war bei den Geimpften deutlich niedriger.

Die Nebenwirkungen

Häufige Nebenwirkungen der Impfung, die mehr als 1 von 10 Personen betreffen können, sind unter anderem Reaktionen an der Injektionsstelle, Fieber, Muskelschmerzen, Müdigkeit, Kopfschmerzen und Nebenwirkungen des Verdauungssystems. Vermutlich sind vor allem die im Impfstoff enthaltenen Wirkverstärker dafür verantwortlich. Die Nebenwirkungen halten meist jedoch nur wenige Tage an und können in der Regel gut behandelt werden.

Die Alternativen

Bereits seit etlichen Jahren ist der Herpes zoster-Lebendimpfstoff Zostavax® zugelassen. Die Impfung wird aufgrund ihrer unzureichenden Wirksamkeit bei älteren Patienten aber nicht empfohlen. Außerdem gilt: Lebendimpfstoffe sind bei Patienten mit einer Immunschwäche in der Regel kontraindiziert.

Achtung: Die Lebendimpfung gegen Herpes zoster ist nicht gleichzusetzen mit der Lebendimpfung gegen Varizellen (Windpocken). Die Zoster-Impfung enthält deutlich mehr Varizella-Zoster-Virus.

Praktische Aspekte bei Krebspatienten

Die Wirksamkeit der Herpes zoster-Impfung mit dem Totimpfstoff kann unter einer immunsuppressiven Therapie eingeschränkt sein. Der Totimpfstoff gilt für diese Patienten jedoch als weitgehend sicher.

Wann sollte geimpft werden?

Ist eine immunsuppressive Therapie geplant, sollte die Herpes zoster-Impfung mindestens 2, besser 4 Wochen vor Beginn der Therapie abgeschlossen sein.

Nach einer immunsuppressiven Behandlung sollte mit der Impfung abgewartet werden, bis sich das Immunsystem wieder erholt hat.

Während einer immunsuppressiven Therapie muss im Einzelfall geklärt werden, ob und wann eine Herpes zoster-Impfung am besten erfolgen kann. Es sollte dann geimpft werden, wenn die Erkrankung stabil ist und die Therapie so wenig immunsuppressiv wie möglich ist.

Soll vorab eine VZV-Titerkontrolle erfolgen?

Nein, der VZV-Titer muss nicht immer kontrolliert werden. Man geht davon aus, dass praktisch alle der heute 50-jährigen Personen in der Kindheit eine Windpocken-Erkrankung durchgemacht haben.

Ein VZV-Titer sollte bei Patienten bestimmt werden, bei denen eine klare Indikation für eine Windpocken-Impfung besteht, wenn sie keine VZV-Antikörper haben, etwa vor einer Organtransplantation. Bei immungeschwächten Krebspatienten ist eine solche Lebendimpfung jedoch in der Regel kontraindiziert.

Impfung bei Patienten unter 50 Jahren?

Bei Patienten unter 50 Jahren ist die Herpes zoster-Impfung bislang nicht untersucht. Amerikanische Impfexperten raten deshalb von einer Impfung junger Patienten ab – auch wenn diese bereits einen Herpes zoster hatten. Eine obere Altersbeschränkung für die Herpes zoster-Impfung gibt es nicht.

Impfung in besonderen Situationen?

Eine durchgemachte Herpes zoster-Erkrankung ist kein Hinderungsgrund für eine Impfung. Allerdings sollte erst dann geimpft werden, wenn die akuten Beschwerden der Zoster-Erkrankung abgeklungen sind.

Patienten, die bereits eine Zoster-Lebendimpfung erhalten haben, können sicher und wirksam mit dem Herpes zoster-Totimpfstoff geimpft werden. Es soll jedoch ein Mindestabstand von 2 Monaten zur Lebendimpfung eingehalten werden.

Eine Herpes zoster-Impfung kann auch bei Patienten erfolgen, die zuvor eine Windpocken-Lebendimpfung erhalten haben. Bislang liegen jedoch keine ausreichenden Daten dazu vor, wie wirksam damit eine Reaktivierung des Impfvirus verhindert werden kann.





Herausgeber: Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ) │ Autoren/Autorinnen: Fachkreise-Redaktion des Krebsinformationsdienstes. Lesen Sie mehr über die Verantwortlichkeiten in der Redaktion.

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