Der Krebsinformationsdienst (KID) des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) ist ein häufig genutzter Anbieter unabhängiger Krebsinformationen in Deutschland: Von 2013 bis 2018 beantwortete der KID jährlich zwischen 28.000 und 35.000 individuelle Anfragen per Telefon oder E-Mail. Anonymisierte Daten des KID hat eine Arbeitsgruppe um Dr. Doreen Reifegerste und Prof. Eva Baumann ausgewertet und im April 2019 in der Fachzeitschrift "Psycho-Oncology" veröffentlicht1: krebsinformationsdienst.med fasst die Ergebnisse für Sie zusammen.
Der KID setzt auf Begleitforschung
Wann und wie suchen Krebspatienten und ihre Angehörigen nach krankheitsbezogenen Informationen? Welche Kommunikationskanäle und Quellen nutzen sie? Für welche Krebsthemen interessieren sich Ratsuchende und welche weiteren Bedürfnisse sind damit verknüpft? Mit diesen und anderen Fragen beschäftigt sich der Krebsinformationsdienst im Rahmen seiner Begleitforschung.
Analyse von KID-Daten
An der Auswertung der Daten des Krebsinformationsdienstes war ein interdisziplinäres Team von Mitarbeitern der Universität Erfurt und des Hanover Center for Health Communication sowie des Krebsinformationsdienstes beteiligt. Retrospektiv analysiert wurden demographische und krebsbezogene Daten, die der Krebsinformationsdienst im Rahmen der Beantwortung von Anfragen anonymisiert erfasst hat.
- Ausgewertet wurden Daten aus rund 20.000 Anfragen, die den Krebsinformationsdienst (KID) zwischen Januar und Dezember 2016 telefonisch oder per E-Mail erreicht haben: Die Anfrager waren mindestens 18 Jahre alt. Erhoben wurden das Geschlecht und der persönliche Hintergrund des Anfragenden (Patient, Angehöriger oder Freund) sowie Daten zur Krebserkrankung (Tumorart, Erkrankungssituation) und zu den gefragten Inhalten.
- Etwa zwei Drittel der Anfragen kamen von Krebspatienten, die sich "in eigener Sache" an den KID wandten. Sie waren häufiger weiblich (65,8 % versus 34,2 % männlich) und im Mittel etwa 61 Jahre alt.
- Ein weiteres Drittel der Anfragen wurde von Familienangehörigen oder Freunden stellvertretend für an Krebs Erkrankte an den KID gerichtet: Dies waren beispielsweise erwachsene Kinder für ihre Eltern oder Partner für ihre krebskranken Lebensgefährten.
Spezielles Studiendesign
Die KID-eigene Dokumentation von Nutzer-Datensätzen erlaubt es, die Gruppe "unterstützter" Krebspatienten – also Patienten, die nicht für sich selbst nach Krebsinformationen suchen, aber von der Informationsbeschaffung ihrer Angehörigen und Freunde profitieren – genauer zu analysieren.
Versorgungsstudie erweitert aktuelle Datenlage:
Bisher standen in entsprechenden Befragungen meist gezielt die Ratsuchenden im Fokus der Untersuchungen, unabhängig davon, ob sie selbst von Krebs betroffen waren oder für Krebsbetroffene suchten. In der Studie von Reifegerste et al. wurde nun anhand von Felddaten die Gruppe der unterstützten Krebspatienten verglichen mit der Patientengruppe, die den KID für sich selbst kontaktierte.
Studienergebnisse
Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass sich Informationsbedürfnisse und Informationsverhalten bei den untersuchten Nutzergruppen in wesentlichen Punkten unterscheiden. Hier sind die wichtigsten Studienergebnisse:
Welche Krebsarten werden häufig angefragt? Auf der Suche nach Informationen für sich selbst sind es häufig Frauen mit Brustkrebs und Männer mit Prostatakrebs, die sich an den Krebsinformationsdienst wenden. Holen Angehörige oder Freunde stellvertretend für betroffene Patienten Rat ein, so sind meist auch andere Tumorarten gefragt: Dies sind beispielsweise Lungen-, Magen- und Bauchspeicheldrüsenkrebs, also Entitäten, die mit einem klinisch schwerwiegenderen Verlauf und einer schlechteren Prognose einhergehen können.
In welchen Krankheitsphasen werden Informationen benötigt? Krebspatienten informieren sich beim Krebsinformationsdienst bevorzugt bei Diagnosestellung und während der Erstbehandlung. Angehörige und Freunde dagegen melden sich zu anderen Zeitpunkten der Krebserkrankung. Sie kontaktieren den KID häufig dann, wenn die Krankheit bei den Betroffenen fortgeschritten ist und eine Heilung nicht möglich erscheint. Es ist auch möglich, dass Menschen, die in dieser Situation Krebspatienten unterstützen, einen höheren Bedarf an psychosozialen Beratungsangeboten haben – zusätzlich zu dem ebenfalls sehr hohen Interesse an medizinischen Informationen.
Welche Informationskanäle werden präferiert? KID-Nutzer, die sich persönlich an unseren Service wenden, bevorzugen das Telefon. Neben dem informationellen Beratungsangebot können individuelle Gespräche auch emotional unterstützen. 86,8 % der Patienten, die für sich selbst Rat suchten, kontaktierten den Krebsinformationsdienst telefonisch und 13,2 % per E-Mail. Bei den Angehörigen und Freunden lag der Anteil der Telefonkontakte mit 97,2 % sogar noch höher, analog die schriftlichen Anfragen mit 2,8 % niedriger. Dies weist darauf hin, dass gerade diese Gruppe einen hohen persönlichen Gesprächsbedarf hat, der im klinischen Routinebetrieb oft keine Berücksichtigung findet.
Fazit der Studie für den KID
Unsere beiden Kurzporträts lesen:
- Kurzporträt für Patienten, Angehörige und alle Interessierten (PDF)
- Kurzporträt für Fachkreise (PDF)
Tipps zur Suche und Bestellung von Fachartikeln finden Sie in unserem Informationsblatt Medizinische Fachliteratur (PDF).
Wie können wir dazu beitragen, die Versorgung von Krebspatienten in Deutschland zu optimieren? Die Beantwortung dieser Frage ist dem KID als Nationalem Referenzzentrum für Krebsinformation ein zentrales Anliegen. Die Ergebnisse der Begleitstudie bestätigen die Arbeitsweise des Krebsinformationsdienstes, der mit seinem Angebot für Patienten und Angehörige gleichermaßen als kompetenter Ansprechpartner zur Verfügung steht:
- Zielgruppen: Es ist wichtig zu wissen, dass verschiedene Nutzergruppen mit unterschiedlichen Bedürfnissen beim Krebsinformationsdienst Informationen und Rat suchen.
- Informationsverhalten: Wegen des unterschiedlichen Informationsbedarfs verschiedener Nutzergruppen gilt es, auch künftig vielseitige Krebsthemen und Informationskanäle anzubieten.
- Unterstützungsangebot: Patienten, Angehörige und Freunde erhalten sowohl informationelle als auch emotionale Unterstützung.
- Individuelle Beratung: Kontaktieren Menschen den Krebsinformationsdienst, benötigen sie Informationen, die spezifisch auf ihre Situation zugeschnitten sind.
- Informationszugang: Der Krebsinformationsdienst möchte helfen, Barrieren abzubauen und die Erreichbarkeit von Gesundheitsinformationen zu erleichtern.
Auch in Zukunft verfolgt der Krebsinformationsdienst das Ziel, seine Versorgungsforschung weiter ausbauen. Dies dient dazu, deutschlandweit die onkologische Wissensvermittlung zu verbessern und die Zusammenarbeit mit anderen wichtigen Akteuren des Gesundheitswesens zu fördern.
Zum Weiterlesen: Verwendete Quelle
1 Reifegerste D, Czerwinski F, Rosset M, Baumann E, Kludt E, Weg-Remers S. Demographic and cancer‐related differences between self‐seeking patients and supported patients: Analysis of cancer information-service data. Psychooncology. 2019 Feb 1. doi: 10.1002/pon.5016. [Epub ahead of print]
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