Archiv

Was ist dran: Kurkuma bei Krebs?

Studiendaten zu Curcumin überzeugen bislang nicht

Kurkuma gilt als gesund und wird häufig als Nahrungsergänzungsmittel konsumiert. Der Substanz wird auch eine Wirkung gegen Krebs zugesprochen. Da uns immer wieder Fragen zu dem Thema erreichen, hat krebsinformationsdienst.med für Sie und Ihre Patienten den derzeitigen Stellenwert anhand der Fachliteratur recherchiert: Wir beurteilen die supportiven und antitumorösen Effekte von Kurkuma mithilfe von Studienergebnissen, sowohl aus der Grundlagenforschung als auch aus ersten klinischen Studien.

Was sind Kurkuma und Curcumin?

Kurkuma-Knolle und Pulver. © Simon A. Eugster / WikimediaCommons
Rhizom und Pulver des Gelben Ingwers enthalten Curcumin. © Simon A. Eugster /WikimediaCommons*

Bei Curcumin handelt es sich um einen Inhaltsstoff aus der Sprossachse, dem sogenannten Rhizom, des Gelben Ingwers (Curcuma longa). Gelber Ingwer wird auch als Kurkuma, Gelbwurzel oder Safranwurz bezeichnet. Die in den Tropen weit verbreitete Pflanze stammt ursprünglich aus Südasien und wird in Indien schon seit mehreren tausend Jahren kultiviert.

Als Gewürz liefert Kurkuma Aroma und ist in Currypulver-Mischungen enthalten. Zudem wird Curcumin unter der Bezeichnung E100 zur Gelbfärbung von Nahrungsmitteln und Kosmetika eingesetzt. Kurkuma ist Bestandteil der Ayurvedischen Medizin und gilt dort als "heißes" Gewürz. Heiß bedeutet, Kurkuma wird eine reinigende und energiespendende Wirkung zugesprochen.

Wie wirkt Curcumin in Krebszellen?

Strukturformel von Curcumin. © Krebsinformationsdienst, Deutsches Krebsforschungszentrum
Strukturformel von Curcumin. © Krebsinformationsdienst, Deutsches Krebsforschungszentrum

Ergebnisse aus der Präklinik: Curcumin zeigt in der Grundlagenforschung ein sehr breites Wirkungsspektrum. In Zellkulturen wirkt es beispielsweise als schwaches Phytoöstrogen und Antiandrogen. Zudem zeigt die Substanz neuroprotektive, choleretische, entzündungshemmende und immunmodulierende Effekte auf Gewebe in Tierversuchen. Speziell in Versuchen in der Petrischale mit Krebszellen wirkt Kurkuma wachstumshemmend und löst den frühzeitigen Zelltod aus. Darüber hinaus kann die Substanz Krebszellen empfänglicher für die Wirkung von Chemotherapie und Bestrahlung machen.

Die verschiedenen Wirkweisen von Kurkuma kommen durch seine chemische Struktur zustande. Die zwei phenolischen Ringe von Curcumin reagieren mit zahlreichen Proteinen und Enzymen. So hemmen oder induzieren diese beiden aktiven Gruppen von Curcumin verschiedene Signalwege in Krebszellen und beeinflussen etwa die Bildung von Wachstumsfaktoren und Zytokinen.

Problem: Bioverfügbarkeit

Aufgrund seiner chemischen Struktur ist Curcumin schlecht wasserlöslich und wenig stabil. Daher wird der Wirkstoff nur in geringen Dosen aus dem Darm und in Zellen aufgenommen. Außerdem wird ein großer Teil direkt über den Darm und die Leber wieder ausgeschieden (First-Pass-Effekt).

Die Bioverfügbarkeit von Curcumin ist also stark eingeschränkt: Krebspatienten müssten sehr hohe Mengen konsumieren, um eine systemische Wirkung zu erzielen. Um dieses Problem zu umgehen, werden – zumeist noch in präklinischen Studien – verschiedene Derivate von Kurkuma sowie Transport-Vehikel, etwa Nanopartikel oder Liposomen, auf die Aufnahme bei oraler Gabe hin untersucht.

Studienlage bei Krebspatienten?

Ergebnisse aus der Klinik: Neben Daten aus Tierversuchen stammen Studienergebnisse zu Kurkuma oftmals aus frühen klinischen Studien (Phase I und II). Es handelt sich also hauptsächlich um Daten, welche die Sicherheit und Verträglichkeit von Curcumin bei Krebspatienten über kurze Zeiträume (Wochen bis wenige Monate) beschreiben1.

In den wenigen randomisierten kontrollierten Studien, die es zu Kurkuma gibt, brachte die Behandlung keine nachweisliche Verbesserung verglichen mit der jeweilige Kontrollgruppe1-4:

  • In einer Studie mit Prostatakrebspatienten erhöhte Kurkuma – als Nahrungsergänzungsmittel verabreicht – im Vergleich zu Placebo das Ansprechen einer Bestrahlung nicht1,3.
  • Oral aufgenommenes Kurkuma verbesserte – verglichen mit Placebo – bei Brustkrebspatientinnen die Beschwerden einer strahlenbedingten Radiodermatitis nicht2.
  • Eine Kombinationstherapie aus Isoflavonen und Kurkuma bei Prostatakrebspatienten – verglichen mit Placebo – senkte den PSA-Wert. Nach der genauen Auswertung bleibt aber unklar, ob der Effekt alleine durch Kurkuma zustande kam. Ein Einzelvergleich von Kurkuma mit Isoflavonen und mit Placebo fehlte1,4.

Kurkuma wird auch weiter in Studien untersucht – sowohl für die Krebsbehandlung als auch zur Prävention.

Problem: Wechsel- und Nebenwirkungen

Wechselwirkungen: Nicht unterschätzt werden sollte, dass in der Leber Wechselwirkungen zwischen Curcumin und den Enzymen der Cytochrom-P450-Familie auftreten können. Beschrieben sind Interaktionen mit CYP3A4, CYP1A2, CYP2C9 und CYP2D65. Die Auswirkungen für den Menschen in der klinischen Praxis sind weitestgehend unklar, da die Daten aus der Grundlagenforschung stammen.

Jedoch wurde 2018 in den "Annals of Oncology" ein Brief an die Herausgeber veröffentlicht, der von zwei Fällen berichtet: Die Einnahme von Kurkuma – einmal kombiniert mit Piperin – senkte bei bislang zwei Brustkrebspatientinnen die Wirkspiegel von Everolimus (Afinitor®) erheblich, und zwar unter den notwendigen therapeutischen Wirkspiegel (> 10 ng/ml)6. Darüber hinaus wurden Wechselwirkungen mit oralen Krebsmitteln wie Palbociclib, Capecitabin und Enzalutamid beobachtet7.

Nebenwirkungen: Kurkuma ist in der Regel gut verträglich und verursacht wenig Nebenwirkungen8. Einzelne Publikationen berichten nach der Einnahme von Curcumin vom Auftreten von allergischer Dermatitis, Kontakturtikaria und toxischer Leberentzündung5.

Fazit für die Praxis

Inwiefern sich die Einnahme von Kurkuma positiv oder negativ auf das Rückfallrisiko oder das Überleben von Krebspatienten auswirkt, ist nicht ausreichend untersucht. Zu diesem Zeitpunkt gibt es keine hochwertigen Studienergebnisse, die eine Prognoseverbesserung durch die Einnahme von Curcumin belegen. Deshalb hat Kurkuma bislang keinen Stellenwert in der kurativen oder supportiven Krebstherapie.

Außerhalb von klinischen Studien ist der Konsum von Kurkuma Krebspatienten nicht anzuraten – insbesondere, wenn Wechselwirkungen mit anderen Krebstherapien nicht sicher auszuschließen sind.



krebsinformationsdienst.med



Herausgeber: Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ) │ Autoren/Autorinnen: Fachkreise-Redaktion des Krebsinformationsdienstes. Lesen Sie mehr über die Verantwortlichkeiten in der Redaktion.

powered by webEdition CMS