Der jährliche Abstrich zur Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs ist keine generelle Kassenleistung mehr. krebsinformationsdienst.med informiert, was bei Frauen ab 35 und Frauen ohne Gebärmutter beziehungsweise Gebärmutterhals dennoch möglich ist.
Seit Anfang 2020 gelten für das Zervixkarzinom-Screening neue Regeln. Es ist jetzt als organisiertes Verfahren mit Einladungsschreiben angelegt. Für jüngere Frauen zwischen 20 und 34 Jahren ändert sich nichts an der jährlichen Untersuchung. Für Frauen ab 35 Jahren oder nach Entfernung von Gebärmutter bzw. Gebärmutterhals gelten neue Untersuchungsschemata. Daher stellen sich für sie häufig folgende Fragen: Warum bekommen sie jetzt keinen jährlichen Abstrich mehr angeboten? Gibt es Alternativen zur aktuellen Regelung? Was muss gegebenenfalls selbst bezahlt werden?
Frauen ab 35 Jahren
Während sich für jüngere Frauen nichts am bislang üblichen jährlichen Pap-Test ändert, sieht die neue Regelung für Frauen ab 35 Jahren nur noch alle 3 Jahre einen HPV-Test plus einen zytologischen Abstrich vor. Grund für diese Änderung ist, dass die Aussagekraft der Testverfahren abhängig vom Alter der Frau unterschiedlich ist.
HPV-Test + PAP-Abstrich alle 3 Jahre: Ab 35 sicher und zuverlässig!
Weil bei jungen Frauen HPV-Infektionen sehr häufig sind und meist schnell von allein abklingen, lässt sich anhand des veränderten Zellbilds im Pap-Abstrich bei ihnen die Situation besser beurteilen. Bei älteren Frauen sind HPV-Infektionen seltener und ein positiver HPV-Test deutet eher auf eine persistierende Infektion hin. Daher weist bei ihnen ein positiver HPV-Test zuverlässiger ein erhöhtes Risiko für Zellveränderungen am Gebärmutterhals nach. Dies wurde in großen, auch bevölkerungsbezogenen Studien belegt.
Die Aussagekraft des HPV-Tests ist im Vergleich zum alleinigen jährlichen Pap-Test bei Frauen ab 35 Jahren so hoch, dass ein Intervall von 3 (bis 5) Jahren zwischen den HPV-Tests sicher und damit gerechtfertigt ist.
Trotzdem jährlicher Pap-Abstrich möglich?
Es kann beunruhigend sein, wenn vertraute Routinen sich ändern. Insbesondere, wenn Abstände zwischen "Vorsorge"-Untersuchungen plötzlich größer sind als zuvor. Frauen ab 35, die weiterhin jährlich einen Pap-Abstrich zur Früherkennung möchten, müssen die zusätzlichen Abstriche allerdings selbst bezahlen. Denn mit Inkrafttreten der neuen Regelungen handelt es sich dabei um eine Individuelle Gesundheits-Leistung ("IGeL").
Mögliche Ausnahme: Auffällige klinische Befunde bei der weiterhin jährlich vorgesehenen gynäkologischen Untersuchung. Sieht die Ärztin oder der Arzt beispielsweise bei der Spiegeluntersuchung über die Scheide Veränderungen oder tastet sie/er etwas Ungewöhnliches, können zur Abklärung unabhängig vom zeitlichen Abstand zur letzten Vorsorge-Untersuchung weitere Tests wie Abstrich oder ein HPV-Test angezeigt sein. Die Kosten für diese Abklärungs-Untersuchungen können in diesen Fällen von der Kasse übernommen werden.
Frauen ohne Gebärmutterhals
Es gibt zytologische Abstriche und HPV-Tests außerhalb der Früherkennung. Beispielsweise sind dies:
- Zytologische Untersuchung im Rahmen der Empfängnisregelung (GOP 01825/GOP 01826)
- Kurative zytologische Untersuchungen von der Portio und/oder aus dem Zervikalkanal (GOP 19318)
- Kurativer HPV-Test (GOP 32819)
Auch für eine weitere Gruppe ändert sich durch die neue Regelung das bisher übliche Vorgehen: Frauen, die nach einer totalen oder partiellen Hysterektomie keine Gebärmutter beziehungsweise keinen Gebärmutterhals mehr haben. Bei ihnen kann sich an der Zervix kein Krebs entwickeln.
Kein Zervixkarzinom-Screening ohne Zervix...
Entsprechend sieht das seit Anfang 2020 gültige organisierte Krebsfrüherkennungsprogramm für das Zervixkarzinom bei Frauen ohne Gebärmutterhals weder eine Abstrichentnahme noch einen HPV-Test vor.
...dennoch Untersuchung möglich!
Die jährliche gynäkologische Krebsfrüherkennungsuntersuchung nach der Krebsfrüherkennungs-Richtlinie (KFE-RL) kann aber auch von Frauen ohne Gebärmutter bzw. Gebärmutterhals in Anspruch genommen werden. Denn die Untersuchung nach KFR-RL dient allgemein der "Früherkennung von Krebserkrankungen des weiblichen Genitales ab dem Alter von 20 Jahren". Sie umfasst neben der gezielten Anamnese, die Inspektion der genitalen Hautregion, die gynäkologische Tastuntersuchung und die Spiegeluntersuchung der Scheide sowie Befundmitteilung mit anschließender Beratung. Zeigen sich dabei auffällige Befunde, können die Ärzte weitere Untersuchungen vornehmen.
Ob ein Abstrich aus dem Scheidenstumpf aus medizinischen Gründen angezeigt ist, muss und kann nur der behandelnde Arzt entscheiden.
Fazit:
Die neuen Regelungen zur Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs berücksichtigen den aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand: Für Frauen ab 35 Jahren ist ein HPV-Test plus Pap-Abstrich vom Gebärmutterhals alle 3 Jahre ausreichend sicher.
- Ein jährlicher Pap-Abstrich ist bei jüngeren Frauen bis einschließlich 34 Jahren zur Früherkennung von Zervixkarzinomen vorgesehen und bleibt hier generell eine Kassenleistung.
- Bei Frauen ab 35 stellt der jährliche Pap-Abstrich außerhalb des 3-Jahres-Intervalls in der Regel eine IGeL-Leistung dar und muss selbst bezahlt werden. Unter bestimmten Umständen können die Kosten für einen Abstrich vom Gebärmutterhals von den Kassen übernommen werden: Beispielsweise, nachdem bei der jährlichen gynäkologischen Früherkennungsuntersuchung ein auffälliger Befund erhoben wurde.
- Frauen ohne Gebärmutter beziehungsweise Gebärmutterhals können jährlich die klinische Untersuchung zur "Früherkennung von Krebserkrankungen des weiblichen Genitales" wahrnehmen. Bemerken die Ärzte hier etwas Auffälliges, kann auch bei diesen Frauen ein Abstrich aus der Scheide zur weiteren Abklärung als Kassenleistung infrage kommen.
- Entscheidend ist in jedem Fall die klinische/medizinische Einschätzung der Ärzte.
Zum Weiterlesen: Verwendete Quellen und vertiefende Informationen
Leitlinien und systematische Übersichtsarbeiten
S3-Leitlinie Prävention des Zervixkarzinoms, Langversion 1.1 März 2020 AWMF-Registriernummer 015/027OL (S3) (PDF).
Rechtlicher Rahmen/Behördeninformationen
Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA). Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Änderung der Krebsfrüherkennungs-Richtlinie (KFE-RL) und eine Änderung der Richtlinie für organisierte Krebsfrüherkennungsprogramme (oKFE-RL):
- Programm zur Früherkennung von Zervixkarzinomen (oKFE-RL) (PDF)
- Tragende Gründe zum Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Änderung der Krebsfrüherkennungs-Richtlinie und eine Änderung der Richtlinie für organisierte Krebsfrüherkennungsprogramme: Programm zur Früherkennung von Zervixkarzinomen (PDF)
Weitere Quellen (Auswahl)
Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV). Die Kassenärztliche Bundesvereinigung bietet auf ihrer Homepage Grundlagen und Informationsmaterial zur "Früherkennung Gebärmutterhalskrebs". Beispielsweise:
- PraxisInfo: Gebärmutterhalskrebs-Früherkennung Neues organisiertes Programm im Überblick (PDF, Stand 27.2.2020)
- Organisierte Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs – Die Leistungen im Überblick (PDF, Stand 23.1.2020) (Übersicht über Leistungen und GOP)
Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB). Die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns bietet ebenfalls praxisorientierte Informationen zum Früherkennungsprogramm an:
- Organisiertes Programm zur Früherkennung von Zervixkarzinomen – Änderungen des EBM ab 1. Januar 2020 (PDF, Stand 15.01.2020).
krebsinformationsdienst.med: Service für Fachkreise
aktuell – evidenzbasiert – unabhängig
Sie sind beruflich an der Versorgung von Krebspatienten beteiligt und haben Fragen? Mit dem Angebot krebsinformationsdienst.med unterstützt Sie der Krebsinformationsdienst bei Ihrer Arbeit, mit unabhängigen, aktuellen und qualitätsgesicherten Informationen. krebsinformationsdienst.med steht Ihnen von Montag bis Freitag zur Verfügung:
- telefonisch von 8.00 bis 20.00 Uhr unter der kostenfreien Rufnummer 0800 – 430 40 50
- per E-Mail an kid.med@dkfz.de, bei einem Klick öffnet sich ein Kontaktformular für eine sichere Verbindung
Sie suchen nach verlässlichen Recherchequellen zu onkologischen Themen? Im Ressourcen-Center finden Sie kommentierte Links zu epidemiologischen Daten, Arzneimittelinformationen, evidenzbasierter Medizin, Risikofaktoren und zur Studiensuche.