Krebs, Alzheimer, Arterienverkalkung und sogar das Altern selbst – die Liste der Krankheiten, an deren Entstehung oxidativer Stress beteiligt sein soll, ist lang. Verursacht wird oxidativer Stress durch sogenannte reaktive Sauerstoffverbindungen, zu denen auch die besser bekannten "freien Radikale" gehören. Ist eine Zelle mehr reaktiven Sauerstoffverbindungen ausgesetzt, als sie umgehend abbauen kann, erleidet sie oxidativen Stress: Wichtige Bausteine wie Proteine, DNA und Lipide werden oxidiert und dadurch geschädigt.
Um oxidativen Stress zu messen, wurde bislang meist der
Oxidationszustand des kleinen Moleküls Glutathion in Zellextrakten
bestimmt.
Wissenschaftler im Deutschen Krebsforschungszentrum zeigten
nun aber, dass gestresste Zellen ihr oxidiertes Glutathion in
Wirklichkeit in einem zellulären "Endlager" deponieren. Das schützt die
Zellen vor Stress – und zieht die Aussagekraft der herkömmlichen
Messmethode in Zweifel: Wie viel des oxidierten Glutathions insgesamt
gefunden wird, sagt – entgegen der bisherigen Überzeugung – nichts
darüber aus, ob die Zelle unter oxidativem Stress leidet oder nicht.
Um
den tatsächlichen Verbleib des oxidierten Glutathions innerhalb der
Zelle genauer zu untersuchen, entwickelten Tobias Dick und seine
Mitarbeiter Biosensoren, die durch Lichtsignale den Oxidationsstatus des
Glutathion in der intakten Zelle anzeigen. In Hefezellen gelang es den
Forschern erstmals, dem oxidierten Glutathion in Echtzeit auf seinem Weg
durch die lebende Zelle zu folgen. Dabei zeigte sich
überraschenderweise, dass es nicht im Zellplasma bleibt, sondern
schnellstmöglich in ein sicheres Depot, eine Art Bläschen oder Vakuole,
weggeschlossen wird.
Zum Weiterlesen
Die vollständige Pressemitteilung des Deutschen Krebsforschungszentrums ist unter www.dkfz.de/de/presse/pressemitteilungen/2012/dkfz-pm-12-66-Sicherheitsverwahrung-fuer-Oxidantien.php abrufbar.
Der Originalartikel ist in englischer Sprache erschienen und richtet sich an Fachkreise: Morgan B, Ezeriņa D, Amoako T, Riemer J, Seedorf M und Dick T: Multiple glutathione disulfide removal pathways mediate cytosolic redox homeostasis. Nature Chemical Biology 2012, DOI: 10.1038/NCHEMBIO.1142
Muss man den Körper aktiv vor oxidativem Stress schützen? Glaubt man der Werbung, dann helfen vor allem Vitamintabletten dabei, "freie Radikale" zu bändigen und so unter anderem auch das Krebsrisiko zu senken. Die aktuellen Ergebnisse lassen nun Zweifel daran aufkommen, ob ein solcher Schutz überhaupt notwendig ist. Warum Experten Vitamintabletten zur Krebsvorbeugung schon länger und auch aus anderen Gründen kritisch betrachten, erläutert der Krebsinformationsdienst in seinem Text "Vitamine und Spurenelemente: (K)ein Plus für die Gesundheit?".