Bei dem neuen Bluttest zur Früherkennung von Brustkrebs, zu dem auch Professor Christof Sohn, geschäftsführender Ärztlicher Direktor der Universitäts-Frauenklinik Heidelberg, zitiert wird, handelt es sich um den "HeiScreen-Test". Bei diesem Test werden in einer Blutprobe von einigen Millilitern 15 verschiedene Biomarker, nämlich mikroRNAs (miRNAs) und Methylierungsmarker, nachgewiesen.
Insgesamt ergab sich laut Pressemeldung des Universitätsklinikums Heidelberg für den "HeiScreen-Test" bei den bisher untersuchten Frauen (500 Brustkrebspatientinnen sowie 400 gesunde Frauen zur Kontrolle) eine Empfindlichkeit (Sensitivität) des Tests von 75 %. Das heißt, 75 von 100 erkrankten Frauen konnten durch den Test identifiziert werden (richtig-positives Testergebnis).
Fehlende Daten
Bei jüngeren Frauen unter 50 Jahren und bei Frauen mit familiärer Hochrisiko-Konstellation hat der Test laut der Pressemitteilung eine Sensitivität von 80 bis 90 %. Bei über 50-Jährigen, bei denen sehr viel häufiger Brustkrebs auftritt, betrug die Sensitivität 60 %. Die Treffsicherheit (Spezifität), das heißt, der Anteil der Gesunden, die durch den Test korrekt als gesund eingestuft werden (richtig-negatives Testergebnis) ist leider nicht angegeben. Auch Angaben dazu, wie häufig Gesunde mit dem Test fälschlicherweise als krank eingestuft werden, fehlen.
Wichtig zur Einordnung des Tests ist auch eine Antwort auf die Frage, wie hoch Sensitivität und Spezifität des Tests in Screening-Populationen sind, beziehungsweise wie hoch der positive Vorhersagewert ist. Darunter versteht man die Anzahl Richtigpositiver im Verhältnis zu allen Testpositiven, die abhängig von der Krankheitshäufigkeit (Prävalenz) einer Erkrankung in der untersuchten Population ist.
Die in der Pressemitteilung angegebene Sensitivität wurde für die an der Studie beteiligten Brustkrebspatientinnen angegeben. Bei diesen Patientinnen ist bereits bekannt, dass sie an Brustkrebs erkrankt sind. Das heißt, es hat bereits eine Vorselektion stattgefunden. Die Pressemitteilung enthält keine Daten zur Sensitivität des Tests in einem Screening-Setting, also bei Frauen, bei denen nicht bekannt ist, ob sie an Brustkrebs erkrankt sind.
Offene Fragen
Die in der Pressemitteilung angegebenen Daten reichen daher nicht zur Beantwortung der Frage aus, ob der Test eventuell dazu geeignet sein könnte, das bestehende Brustkrebs-Screening für alle Frauen oder für Risikogruppen zu ergänzen oder sogar zu ersetzen. Eine Publikation der Studiendaten ist bislang noch nicht erfolgt.
Der Pressemitteilung zufolge ist geplant, die derzeit bereits laufende Studie fortzusetzen, bis insgesamt 2.000 Teilnehmerinnen untersucht sind. Der Test soll daher weiter untersucht und verbessert werden.
Fazit
Legt man die angegebenen Zahlen zugrunde und vergleicht diese mit den Daten für die im Rahmen des gesetzlichen Früherkennungsprogramms für Frauen von 50 bis 69 angebotene Mammographie, so ist der "HeiScreen-Test" nicht sensitiver als die Mammographie. Inwiefern sich der Test für ein Screening, eventuell in Risikogruppen, eignen könnte, ist anhand der vorliegenden Zahlen derzeit nicht abschließend zu beurteilen.
Ob und wann der Test kommerziell erhältlich sein wird, ist noch nicht bekannt. In der Pressemitteilung wird berichtet, der Test solle noch dieses Jahr auf den Markt kommen.
Zum Weiterlesen
Die Original-Pressemittteilung von HeiScreen und der Universitäts-Frauenklinik Heidelberg ist abrufbar unter www.klinikum.uni-heidelberg.de/Aktuelles.2575.0.html.
krebsinformationsdienst.med: Wissen gezielt nutzen – ein Angebot für Fachkreise
Sie sind beruflich an der Versorgung von Krebspatienten beteiligt und haben Fragen? Mit dem Angebot krebsinformationsdienst.med unterstützt Sie der Krebsinformationsdienst bei Ihrer Arbeit, mit unabhängigen, aktuellen und qualitätsgesicherten Informationen. krebsinformationsdienst.med steht Ihnen von Montag bis Freitag zur Verfügung:
- telefonisch von 8.00 bis 20.00 Uhr unter der kostenfreien Rufnummer 0800 - 430 40 50
- per E-Mail an kid.med@dkfz.de, bei einem Klick öffnet sich ein Kontaktformular für eine sichere Verbindung
Sie suchen nach verlässlichen Recherchequellen zu onkologischen Themen? Im Ressourcen-Center finden Sie kommentierte Links zu epidemiologischen Daten, Arzneimittelinformationen, evidenzbasierter Medizin und Risikofaktoren.