Heilpilze, Vitalpilze, Mykotherapie – auf vielen Internetseiten findet man Werbung für die angeblich außergewöhnliche Heilkraft von Pilzen. Vor allem Lackporlinge, eigentlich ungenießbare Baumpilze, sollen es in sich haben: Ihnen wird in der traditionellen chinesischen Medizin eine immunstärkende Wirkung zugeschrieben. Bei vielen Erkrankungen soll sich die Einnahme deshalb günstig auswirken, auch bei Krebs.
Doch sind Kapseln, Tabletten oder andere Zubereitungen aus Pilzen tatsächlich zur Krebstherapie geeignet?
Nein – denn eine Wirkung ist nicht ausreichend belegt: Zu diesem Schluss kommen Wissenschaftler, die im Auftrag der Cochrane Collaboration bereits vorliegende chinesische Studien überprüft und erneut ausgewertet haben.
Bisher schlechte Studienqualität
In ihrer Übersichtsarbeit konzentrierten sie sich auf Ganoderma lucidum, den Glänzenden Lackporling. Dieser Pilz wird auch als "Reishi" oder "Ling Zhi" angeboten. Die Autoren der neuen Übersichtsarbeit fanden zwar durchaus Hinweise auf Veränderungen im Immunsystem der Patienten. Dies erscheint anhand der bisher vorliegenden Laboruntersuchungen zu einzelnen Inhaltsstoffen der Pilze nachvollziehbar. Auch sprachen die Teilnehmer in den erfassten Studien geringfügig besser auf Chemotherapie oder Bestrahlung an, einige berichteten von einer besseren Lebensqualität.
Bisher sei es jedoch völlig offen, ob dieser Pilz deshalb auch wirklich eine Heilung wahrscheinlicher mache – solche Studien fehlen.
Die Experten weisen zudem darauf hin, dass die allermeisten bisherigen Veröffentlichungen von sehr schlechter Qualität waren. Nur 5 von insgesamt 257 Studien zum Thema waren überhaupt für eine Zweitauswertung geeignet, und damit nur die Daten von 373 Patienten. Auch bei diesen Studien wurden die Ergebnisse zum Teil unzureichend wiedergegeben, und es standen keine weiteren Originaldaten zur Überprüfung zur Verfügung.
Zum Weiterlesen
In Deutschland sind solche Pilzextrakte nicht als Arzneimittel zugelassen. Was über das Internet oder den Versandhandel erhältlich ist, gilt in Wirklichkeit als sogenanntes Nahrungsergänzungsmittel. Rein rechtlich haben solche Produkte keinen anderen Stellenwert als andere Lebensmittel auch. Werden sie aus dem außereuropäischen Ausland importiert, fallen bei Stichproben zudem häufig Qualitätsmängel auf.
- Warum Krebsmediziner hier zur Vorsicht raten, erläutert der Krebsinformationsdienst in seinem Text "Nahrungsergänzungsmittel: Große Versprechungen, k(l)eine Wirkung?".
Auch wenn in Baumpilzarten oder auch Speisepilzen wie etwa Shii-Take schon mehrere arzneilich interessante Stoffe gefunden wurden – noch reichen die Ergebnisse nicht aus, um entsprechende Substanzen als Arzneimittel zuzulassen oder zur Krebstherapie zu empfehlen. Werbende Aussagen zur Wirkung versprechen manchmal mehr, als in vorklinischen und klinischen Studien tatsächlich bewiesen ist.
- Welche Voraussetzungen heute erfüllt sein müssen, bis ein Medikament zugelassen werden kann, erläutern die Texte unter dem Stichwort "Krebsforschung".
Die zitierte Veröffentlichung ist als Cochrane Review in englischer Sprache erschienen: Jin X, Ruiz Beguerie J, Sze DMY, Chan GCF (2012). Ganoderma lucidum (Reishi mushroom) for cancer treatment. Cochrane Database of Systematic Reviews, Issue 6. Art. No.: CD007731. DOI: 10.1002/14651858.CD007731.pub2.
Unter http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/14651858.
CD007731.pub2/abstract gibt es in englischer Sprache eine Zusammenfassung für Fachleute und eine, die sich an jedermann richtet.