Manche Betroffene machen sich Sorgen: Lösen sich bei einer Biopsie oder OP Tumorzellen ab? Können diese Zellen dann irgendwo im Körper Metastasen bilden? Wir erklären, warum das meist sehr unwahrscheinlich ist.
"Bei mir soll durch eine Stanzbiopsie eine Gewebeprobe aus der Brust entnommen werden. Ich habe nun Angst: Löst eine Biopsie einzelne Zellen vom Tumor ab? Können diese abgelösten Krebszellen im Körper streuen und neue Tumore bilden? Falls ja überlege ich, auf die Biopsie zu verzichten: Ich möchte nicht, dass dadurch Metastasen entstehen."*
Wie Ihnen geht es einigen Betroffenen. Ihre Sorge vor Metastasenbildung ist nachvollziehbar und verständlich.
Tatsächlich ist es möglich, dass Zellen durch eine Biopsie vom Tumor abgelöst werden. Auch bei einer Operation kann das passieren. Diese mechanisch abgelösten Krebszellen können in umliegende Gewebe und Strukturen gelangen.
Bei den meisten Krebsarten ist es aber höchst unwahrscheinlich, dass mechanisch abgelöste Tumorzellen neue Tumore bilden: Ihnen fehlen die dafür notwendigen Eigenschaften.
Wie entstehen Metastasen?
Normale Zellen haben ihren festen Platz im Körper. Krebszellen dagegen breiten sich in umgebende Gewebe aus. Manche Tumorzellen lösen sich aus dem Zellverband und verteilen sich durch die Blut- oder Lymphbahnen im Körper. Dann kann es vorkommen, dass sich einige von ihnen in anderen Organen im Körper ansiedeln. Dort vermehren sie sich und können Tochtergeschwülste des ursprünglichen Tumors – sogenannte Metastasen – bilden.
Um Metastasen bilden zu können, entwickeln Krebszellen besondere Eigenschaften. Zum Beispiel müssen sie in Gefäße eindringen und dort auch überleben können. Fachleute schätzen, dass nur ein sehr kleiner Bruchteil von den sich ablösenden Zellen alle für die Metastasenbildung benötigten Eigenschaften hat.
Das bedeutet: Nur sehr wenige Krebszellen des Ursprungstumors sind überhaupt in der Lage, Metastasen zu bilden.
Können mechanisch abgelöste Tumorzellen an anderen Stellen im Körper Metastasen bilden?
Während einer Biopsie oder OP können Zellen beispielsweise durch die Biopsienadel oder durch ein Skalpell vom Tumor gelöst werden. Diese mechanisch abgelösten Krebszellen können in umgebende Gewebe oder Gefäße gelangen. Fachleute bezeichnen dies als Tumorzellverschleppung.
Verschleppte Krebszellen unterscheiden sich aber stark von Zellen, die sich selbstständig vom Tumor abgelöst haben. In der Regel sind sie nicht in der Lage, Metastasen zu bilden: Den mechanisch abgelösten Tumorzellen fehlen die benötigten Eigenschaften, um im Körper zu überleben und sich an anderen Stellen anzusiedeln.
Das bedeutet: Durch eine Biopsie oder OP mechanisch abgelöste Krebszellen bilden – von sehr seltenen Ausnahmen abgesehen – keine Metastasen.
Was beeinflusst die Wahrscheinlichkeit, dass sich nach einer Biopsie Metastasen bilden?
Die Wahrscheinlichkeit für eine Tumorzellverschleppung hängt von der eingesetzten Biopsie-Technik ab.
Bei einer Stanzbiopsie – wie sie bei Ihnen geplant ist – werden beispielsweise weniger Zellen verschleppt, weil Ärzte und Ärztinnen eine Führungskanüle verwenden und dadurch nur eine Einstichstelle benötigen.
Wie häufig die mechanisch abgelösten Krebszellen tatsächlich Metastasen bilden, hängt von der Krebsart ab.
Bei einigen Krebsarten gibt es keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass verschleppte Tumorzellen Metastasen bilden. Dazu gehört beispielsweise Brustkrebs, der bei Ihnen abgeklärt werden soll, oder auch Prostatakrebs.
Das bedeutet: Bei diesen Krebsarten haben durch die Biopsie abgelöste Tumorzellen keinen Einfluss auf den weiteren Krankheitsverlauf.
Bei sehr wenigen Tumorarten hingegen haben Studien gezeigt, dass bei ihnen durch eine Biopsie verschleppte Tumorzellen Metastasen bilden können. Die behandelnden Ärzte und Ärztinnen wägen dann sorgfältig ab, ob eine Biopsie notwendig ist. Wenn ja, treffen sie besondere Vorsichtsmaßnahmen.
Ein Beispiel: Bei Weichteilsarkomen können durch die Biopsie verschleppte Krebszellen im Einstichkanal Metastasen bilden. Daher entfernen Ärztinnen und Ärzte bei einer späteren Operation neben dem Tumor und angrenzenden Geweben auch den Einstichkanal.
Was bedeutet das für Sie?
Bei einer Biopsie oder OP können Krebszellen abgelöst werden und an andere Körperstellen gelangen. Sie sind aber nur sehr selten und nur bei sehr wenigen Krebsarten überhaupt in der Lage, Metastasen zu bilden.
Wichtig zu wissen: Eine Biopsie ist eine wichtige Untersuchung bei den meisten Krebserkrankungen. Bei vielen Betroffenen wird durch die Biopsie überhaupt erst klar, ob es sich um bösartigen Krebs handelt oder nicht. Und die Gewebeproben liefern wichtige Informationen über den Tumor. Diese benötigen die Ärztinnen und Ärzte für die Behandlungsplanung.
Fachleute sind sich einig: Bei den meisten Krebserkrankten ist der Nutzen der durch eine Biopsie gewonnenen Informationen über die Krebserkrankung sehr groß. Dagegen ist die Wahrscheinlichkeit, dass mechanisch abgelöste Tumorzellen woanders im Körper Metastasen bilden, sehr gering.
Bei den meisten Krebsarten gibt es bisher keine Hinweise darauf, dass eine Biopsie den Krankheitsverlauf verschlechtert. Bei sehr wenigen Krebsarten besteht dagegen ein gewisses Risiko für Metastasenbildung durch die Biopsie. Dann prüfen die behandelnden Ärztinnen und Ärzte sorgfältig, ob diese wirklich notwendig ist oder treffen besondere Vorsichtsmaßnahmen.
Was können Sie tun, wenn Sie besorgt sind? Sprechen Sie mit Ihren behandelnden Ärztinnen und Ärzten über Ihre Bedenken und Ängste: Sie können Ihre individuelle Erkrankungssituation einordnen. Sie erklären Ihnen auch, was sie dafür tun, damit der bei Ihnen geplante Eingriff möglichst sicher ist.
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Histologische und zytologische Diagnostik in der Krebsmedizin
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